Lehrperson

Die eigene Rolle als Lehrerin bzw. Lehrer zu finden, zu entwickeln und entsprechend dem Bedarf weiterzuentwickeln, ist eine Herausforderung. Für die spezifische Rolle als Lehrperson für DaZ ist eine umfassende fachliche und methodisch-didaktische Qualifizierung Voraussetzung. Die Lehrperson bringt individuelle Kompetenzen mit, benötigt aber darüber hinaus, wie alle Lehrpersonen, spezifische Kompetenzen für den Unterrichtsgegenstand, also Fachkompetenzen für Deutsch als Zweitsprache. Neben dem Selbststudium und der individuellen Weiterentwicklung, wie z.B. sich von Anfang an mit Sprache und Schule auseinanderzusetzen, bieten die Pädagogischen Hochschulen und Universitäten unterschiedliche Möglichkeiten der Professionalisierung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung an. Lehrende und Studierende haben die Möglichkeit, in unterschiedlichen Formaten professionelle Lerngemeinschaften zu bilden und ihre Qualifikationen systematisch auf- und auszubauen.

Die Qualifikation für DaZ ist aktuell nicht bundesweit standardisiert. Es bestehen daher unterschiedliche Professionalisierungsangebote in Bezug auf Inhalte, Umfang, Dauer u.a. Das Kompetenzprofil für die Qualifikation von Lehrpersonen von Deutsch als Zweitsprache DaZKompP („Deutsch als Zweitsprache – Kompetenzprofil für Pädagoginnen und Pädagogen“) dient der Weiterentwicklung der Qualifikationsangebote an den Pädagogischen Hochschulen. Gleichzeitig stellt DaZKompP eine Orientierungshilfe für die Lehrpersonen selbst dar – bei der Einschätzung und Reflexion ihrer professionellen Kompetenzen und ggf. deren Weiterentwicklung.

Wege zur Reflexion der eigenen Sprachbewusstheit

Grundlegendes Wissen über Sprache bzw. Sprachen und Mehrsprachigkeit, über die deutsche Sprache als Lernsprache des Unterrichts, über den Spracherwerb und seine Progression gehört zur Fachkompetenz von DaZ-Lehrpersonen. Darüber hinaus sind eine Reflexion der eigenen Sprachlichkeit und der eigenen Sprachlernerfahrungen sowie eine sprachbewusste Grundhaltung Voraussetzung für einen sprachbewussten DaZ-Unterricht. Die Lehrperson ist sich ihrer individuellen (lebensweltlichen) Mehrsprachigkeit bewusst und entwickelt ihre Sprachbewusstheit aktiv weiter. Sie nutzt gezielt die Potenziale sprachlicher Variation im Unterricht und agiert als „Sprachvorbild“, indem sie ihr eigenes kommunikatives Verhalten reflektiert: Wie schnell spreche ich? Wie gut gelingt es mir, auch schwierigere Begriffe oder Konzepte gut verständlich zu erklären? Wie viel spreche ich im Vergleich zu meinen Schülerinnen und Schülern? Dahinter steht die Annahme, dass das eigene sprachliche Handeln die Qualität der Unterrichtskommunikation und das Sprechen der Kinder stark beeinflusst sowie ihr sprachliches Lernen unterstützt (Walsh, 2011, 2013).

Anlass für ein Nachdenken über das Thema Mehrsprachigkeit ist auch dessen Verankerung in den Lehrplanbestimmungen: In den Lehrplänen für Deutschförderklassen ist die Mehrsprachigkeit als didaktischer Grundsatz verankert. In den Lehrplanzusätzen für Deutsch als Zweitsprache beschreibt das zentrale fachliche Konzept „Mehrsprachigkeit und Gesellschaft“ wiederkehrende Einsichten, die bei der Auswahl und Vermittlung der Inhalte zu berücksichtigen sind.

Wege zur Reflexion der eigenen Diversitätskompetenz

Für einen kompetenten Umgang mit Vielfalt in der Schule ist es wichtig und notwendig, dass alle Lehrpersonen über Wissen zum Thema Diversität verfügen und über die Fähigkeiten, damit umzugehen. Sie bringen diese Kompetenzen z.T. mit und entwickeln sie weiter bzw. erwerben sie neu. Ein diversitätssensibler und diskriminierungskritischer Zugang erfordert zum einen Bewusstmachung und Anerkennung von Diversität durch jede/jeden einzelnen, wenn z.B. die Lehrperson Mehrsprachigkeit in ihrem Unterricht einbezieht oder variable Lernwege durch das Angebot verschiedener Aktivitäten zu einer Aufgabe ermöglicht. Dazu gehört, dass sie eigene Einstellungen, Werte und Annahmen andauernd hinterfragt und versucht, diese auf neue Gegebenheiten anzupassen. Zum anderen ist eine Verankerung am Schulstandort – das Schaffen einer diskriminierungsfreien Lernumgebung – von großer Bedeutung, wenn z.B. angemessene Räumlichkeiten für unterschiedliche Bedürfnisse zur Verfügung stehen oder alle Lehrpersonen institutionell in die Sprachförderung eingebunden sind.

Wenn Lehrpersonen über das Wissen, die Kompetenz und die Motivation verfügen, diversitätssensibel zu handeln, sind sie in der Lage, das in den Lehrplänen verankerte übergreifende Thema „Interkulturelle Bildung“ (früher: Unterrichtsprinzip) umzusetzen. Für DaZ-Lehrpersonen sind in ihrer kulturreflexiven Arbeit mit mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern u.a. dieses übergreifende Thema und der entsprechende Grundsatzerlass bedeutsam. In den Lehrplänen/Lehrplanzusätzen für DaZ ist zudem festgehalten, dass interkulturelle Bildung konkreter Bildungsauftrag des Faches selbst ist.

Diversitätssensible Grundhaltungen der (DaZ-)Lehrperson in Bezug auf ihr pädagogisches Handeln werden von Anfang an thematisiert und reflektiert: Welche Einstellungen, Werte und Annahmen gegenüber Diversität bringe ich mit? Welche Erfahrungen mit Diversität habe ich im privaten und beruflichen Kontext schon gesammelt? Welche dieser Erfahrungen prägen meine Einstellungen und Handlungen? Wie begegne ich Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen? Wie reagiere ich z.B. bei der Aussage „Obwohl sie ein Mädchen ist, ist sie gar nicht schlecht in Technik“? Wie beteilige ich mich an einer Diskussion z.B. über die Notwendigkeit einer Toilette für das dritte Geschlecht? Eine Sensibilisierung und die Trennung von Wahrnehmung und Bewertung ermöglichen eine bewusste Reflexion. Diesem ersten Schritt in der Entwicklung von Diversitätskompetenz folgt die konkrete Arbeit am Wissen und am Können: Die Lehrperson erlangt ein Verständnis der Zusammenhänge und Fähigkeiten für den Umgang mit Diversität, was sie in weiterer Folge zu kompetentem Handeln befähigt (Linde & Auferkorte-Michaelis, 2018).

Literatur

Linde, F. & Auferkorte-Michaelis, N. (2018). Entwicklung von Diversity-Kompetenz. In N. Auferkorte-Michaelis & F. Linde (Hrsg.), Diversität lernen und lehren – ein Hochschulbuch (S. 303–312). Budrich.

Walsh, S. (2013). Classroom Discourse and Teacher Development. University Press.

Wildt, J. (2006). Kompetenzen als Learning Outcomes. Journal Hochschuldidaktik, Studieren in Modulen, 17, 1, 6–9.