Mündlichkeit

Mündliche Sprachkompetenz ist eine grundlegende soziale Fähigkeit, die in den Schülerinnen und Schülern bereits angelegt ist. Die sprachlichen Voraussetzungen dafür haben sie in einer anderen Sprache oder in mehreren anderen Sprachen entwickelt, die sie in ihrer alters- und entwicklungsgemäßen Ausprägung in die Schule und in den Unterricht mitbringen. Im DaZ-Anfangsunterricht werden diese sprachlichen Voraussetzungen für die Sprache Deutsch entwickelt, damit die Schülerinnen und Schüler erfolgreich an Gesprächen teilnehmen, gehörten Texten Informationen entnehmen und diese mündlich verarbeiten bzw. austauschen können. Das Hörverstehen als rezeptive mündliche Kompetenz geht dabei dem Sprechen voraus. Grundlage für die mündlichen Fertigkeiten Hören und Sprechen ist die Wahrnehmung, Unterscheidung und Produktion von Lauten und Lautfolgen, Wörtern und Sätzen, Sprechrhythmus und Sprechmelodie (Aussprache und Intonation).

Der Fokus liegt zunächst auf der Sprachhandlungsfähigkeit. Mündliche (wie auch schriftliche) Interaktion ist eine kommunikative Herausforderung. Sie erfordert von den Lernenden, dass sie über entsprechende sprachliche Handlungsmuster verfügen (z. B. Nachfragen oder Begründen). Diese entstehen in Wechselwirkung mit der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten, weshalb sie somit auch abhängig vom Alter sind (Ehlich et al., 2008). Schüler und Schülerinnen müssen jedoch auch über die entsprechenden sprachlichen Mittel (Wortschatz, grammatische Strukturen) verfügen. Der DaZ-Unterricht achtet darauf, dass das Verhältnis zwischen sprachlicher Handlungsfähigkeit und den verfügbaren sprachlichen Mitteln ausgewogen ist und sich parallel entwickeln kann.

Mit steigendem Sprachniveau wird die Textkompetenz immer zentraler, also die Fähigkeit, Texte verstehen, produzieren und zum Lernen nutzen zu können. In der Mündlichkeit entsteht diese Textkompetenz, wenn Geschichten erzählt und kindliche Warum-Fragen beantwortet werden, wie z. B. in Unterrichtsgesprächen über Sachthemen, deren Erkenntnisse schließlich in einem Referat oder einer Präsentation sprachlich zum Ausdruck gebracht werden (Portmann-Tselikas & Schmölzer-Eibinger, 2008). Bei diesem „monologischen Sprechen“ spielen die nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt etc.) und rhetorische Strategien genauso eine Rolle wie das Wissen um die Eigenheiten mündlicher Textsorten und das Verfügen über die entsprechenden sprachlichen Mittel. Diese konzeptionell schriftlichen Texte („Texte der Distanz“) sind schriftsprachlich und standardsprachlich geprägt und nicht situationsgebunden. Die mündliche Alltagskommunikation hingegen ist der konzeptionellen Mündlichkeit zuzuschreiben, sie ist situationsgebunden und dialogisch geprägt (ÖSZ, 2018, S. 8). Der Weg von der konzeptionellen Mündlichkeit zur konzeptionellen Schriftlichkeit wird von allen Lehrpersonen im DaZ- und Deutschunterricht wie auch in den anderen Unterrichtsgegenständen durch einen sprachbewussten Unterricht intensiv begleitet.

Literatur

Ehlich, K., Bredel, U. & Reich, H. H. (Hrsg.). (2008). Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung (Bildungsforschung, Bd. 29/I). Bundesministerium für Bildung und Forschung. http://home.edo.tu-dortmund.de/~hoffmann/PDF/bildungsforschung_band_neunundzwanzig.pdf

Österreichisches Sprachen-Kompetenz-Zentrum (Hrsg.). (2017). Aufbau von Bildungssprache in der Grundschule – Fokus Grundstufe I. Wege zu einem vernetzten, sprachsensiblen und inklusiven Deutschunterricht. (ÖSZ Praxisreihe, Heft 27). ÖSZ. http://www.oesz.at/sprachsensiblerunterricht/UPLOAD/oesz_praxisheft_27_deutsch_su_usbplus_web.pdf

Portmann-Tselikas, P.R. & Schmölzer-Eibinger , S. (2008): Textkompetenz. Fremdsprache Deutsch, 39, 5–16.